Meine Pizza ist politisch: Wie Metas Politik-Algorithmus durchdreht

Am Montag Abend versuchte ich ein Bild meiner aktuellen Pizza-Kreation auf Threads zu posten. Doch die war Meta wohl zu politisch.

280 Gramm handgekneteter, italienischer Sauerteig, über drei Tage im Kühlschrank herangereift. Muttis Pizzasoße, Mozarella und dazu rote Zwiebeln, Knoblauchöl, Salsiccia vom Aldi und als Gewürz angeröstete Fenchelsamen. Das alles schien für Metas Algorithmus zu viel zu sein. Dabei handelte es sich noch nicht mal um eine vegane Pizza (kann ich auch).

Ich erhielt folgende Fehlermeldung, als ich meinen Pizzaschnappschuss posten wollte:

Die Meldung lautet: „Versuche es später noch einmal. Wir schränken bestimmte Handlungen ein, um unsere Community zu schützen. Lass uns bitte wissen, wenn wir deiner Meinung nach einen Fehler gemacht haben.“ Wo und wie man sie das wissen lassen kann, steht da allerdings nicht. Ich habe eine allgemeine Meldung gemacht. Eine Antwort habe ich bis jetzt noch nicht erhalten.

Was bisher geschah

Anfang des Jahres erregte ein Post des Instagram-, und Threads-Chefs Adam Mosseri die Gemüter. Darin erklärte er, wie Meta zukünftig mit politischen Inhalten umgehe. Die Kurzfassung: Kein Beitrag wird entfernt, wenn er sich an die Regeln hält und er politisch ist. Aber er wird nicht weiterempfohlen. Follower:innen sehen also die Posts jener Accounts, denen sie folgen, aber diese Posts werden nicht dort angezeigt, wo sie alle sehen, die dem Account noch nicht folgen. Dadurch wird die Reichweite eingeschränkt und sie geht eher schwer bis gar nicht mehr viral.

Natürlich stellte sich dann die Frage, was politisch eigentlich sein soll. Zurecht, zumal alles politisch sein kann.

Wer mehr dazu lesen möchte, möge meinen Blogpost dazu lesen:
Wie Threads versucht politische Posts zu dodgen

Was ist jetzt neu?

Mosseri kündigte zwar an, dass Posts den Follower:innen auch dann noch angezeigt werden, wenn selbst der Post intern als politisch geflaggt wurde. Das bringt natürlich wenig, wenn man gar keinen Content mehr veröffentlichen kann. Und so erging es mir Montag Abend. Mein Bild einer Pizza, aber auch schlicht „Test“ ließ sich nicht posten.

Dabei sollte ich nicht die einzige Person mit Problemen sein. Katja Diel, Verkehrswende-Aktivistin und Autorin von „Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt“ berichtete in ihrer Instagram-Story davon, dass sie bereits vier Mal nicht in der Lage gewesen sei, zu kommentieren.Wie Katja später in der Story erzählt, haben sogar ihre Follower:innen nicht unter ihrem Beitrag posten können. Außerdem wurde sie bei vier Posts darauf hingewiesen, dass die Posts nicht mehr für andere sichtbar seien, „weil ich gegen irgendwelche Communityregeln verstoße.“ wie sie mir persönlich geschrieben hat.

Wie es scheint, werkelt das Instagram-Team gerade intensiv an Funktionen auf Instagram und Threads herum, mit deren Hilfe sie unliebsame Posts verhindern wollen bevor sie überhaupt erst gepostet werden. Wenn ihr mal die beiden Meldungen von Katja und mir vergleicht, dann dürfte euch auffallen, dass Katja (auf Insta) auch einen „Feedback geben“ Knopf hat, der bei mir (Threads) aber fehlt. Mittlerweile ließ sich die Pizza posten, was bedeutet, dass es sich um einen temporären Bug gehandelt haben könnte.

Müssen wir also zukünftig damit rechnen bestimmte Posts gar nicht absetzen zu können? Auf YouTube gibt es sowas schon. Videos, die zum Beispiel eindeutig illegale Inhalte aufweisen, können nach dem Upload nicht veröffentlicht werden. Da geht es meist um Urheberrechtsverletzungen und nicht um politische Inhalte. Soll nun eine ähnliche Technologie für Instagram-Posts, Kommentare oder für Text-, und Bild-Posts auf Threads bezogen auf politische Inhalte eingeführt werden? In der aktuellen Version scheint das ja erst mal überhaupt nicht zu funktionieren. Sollte das kommen, bin ich von Threads weg. Denn bei mir gilt dann die Maximalstrafe: Aufmerksamkeitsentzug. Denn wenn ich politische Inhalte nicht mal mehr posten kann, kann ich gar nichts mehr posten. Und was soll ich dann auf Threads?

Der Hauptstadtwolf auf Threads hat herausgefunden, dass wenn man diese Meldung bekommt, man dennoch Umfragen erstellen kann.

Hautzeigen für die Reichweite

Die Entrepreneurin Madeleine Darya Alizadeh, die manchen als Chefin des nachhaltigen Modelabels und Onlineshops Dariadéh bekannt sein dürfte, hat vor zwei Wochen nun drastische Maßnahmen ergriffen. Mit den Worten: „Instagram liebt nackte Haut, politischen Content eher weniger.“ kündigte sie ein Format an, in dem sie sexualisierten Content mit politischer Bildung mischt, um dem Algorithmus ein Schnäppchen zu schlagen. Ob „Titten, Thesen, Theorien“ wirklich den Algorithmus austricksen werden kann, ist jetzt nicht wirklich klar, zumal wir nicht wissen, ob der Filter schon aktiv ist. Es gibt zwar bei manchen in der Instagram-App bereits die Einstellungsmöglichkeit politischen Content auszublenden. So richtig scharf geschaltet scheint der politische Algorithmus aber noch nicht zu sein. Madeleines Posts bezüglich politischem Content scheinen bisher leicht überdurchschnittlich zu performen.

Klicken, um den Beitrag zu sehen.

Jetzt ist nicht jeder aus Madeleines Holz geschnitzt und besitzt die Chuzpe sich so gegen die Pläne Instagrams politischen Content nicht zu pushen, aufzulehnen. Und es will einfach auch nicht jeder Haut zeigen, was vollkommen OK ist. Man sollte nicht erst Haut zeigen müssen, um gesehen zu werden. Das gilt für gesellschaftlich relevante und wichtige Themen als auch alle anderen.

Insta-Hacks

Es ist ein endless Game: Sobald etwas Neues in Social Networks eingeführt wird, gibt es Tricks und „Hacks“, sie zu umgehen oder sie zu spielen. Das funktioniert dann mehr oder weniger, bis es alle machen, oder das Netzwerk erneut der Algorithmus ändert. Wie lässt sich bisher am Besten gegen Instagrams Pläne vorgehen?

  • User: Bei Instagram einstellen, dass politische Inhalte angezeigt werden sollen, wenn ihr bereits über die entsprechende App-Version verfügt.
  • User: Den Leuten folgen, die ihr gut findet und nicht nur darauf hoffen, dass die Inhalte in die Timeline gespült werden.
  • User: Inhalte teilen, denn das ist die organische Reichweite, die laut Mosseri ja nicht eingeschränkt werden soll
  • Creator: User auffordern zu folgen und die Inhalte zu teilen.
  • Alle: Wenn ihr ähnliche Meldungen bekommt, sowohl als User als auch als Creator, meldet sie und lasst die Community davon wissen, um zu verstehen, ob der Algorithmus schon aktiv ist.

Ihr habt ähnliche Erfahrungen gemacht und auch solche Hinweise bekommen? Bitte lasst es mich in den Kommentaren oder via Social Media wissen.

Und zum Abschluss noch ein Bild von der Pizza, die ich zu posten nicht in der Lage war 🙂

Und hier die politische (vegane) Variante:

Danke fürs Lesen! 😉

2 Comments Meine Pizza ist politisch: Wie Metas Politik-Algorithmus durchdreht

  1. Holger

    Tja, die einfache Lösung ist doch, Insta nicht mehr zu nutzen. Gar nicht. Dann kann es einem egal sein, was die da machen und man muss sich bzw. seinen Content nicht verbiegen, damit es „denen“ recht ist…

  2. Droid Boy

    Du entziehst dich damit allerdings dem Ort, der aktuell Öffentlichkeit ist. Das kann man machen. UNd im Grunde sollten wir das alle machen, und wieder mehr bloggen.
    Wie schwer das sein kann und was für ein Prozess das ist, sehen wir aktuell mit dem wirklich nur schrittweisen Rückzug von X. Und es gibt immernoch Menschen und Institutionen, die wirklich glauben, man könne guten Gewissens auf X bleiben.

    Schön ist, dass es immer mehr zu einem Thema wird.

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