Interview: Nachhaltigkeitspioniere

Anfang November eröffnet in Köln die nachhaltige Bürogemeinschaft „Colabor„. Martin Herndorf, einer der drei Gründer, ist Berater im Bereich Entwicklungszusammenarbeit und organisiert nachhaltige Events in Köln, wie zum Beispiel die SocialBar.
Er erklärt im Interview wie es dazu kam und warum Colabor keine Konkurrenz zu anderen Coworkingspaces sein will.

Droid Boy: Was ist Colabor?
Martin: Das Colabor ist ein Gemeinschaftsbüro für Pioniere, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Das heisst mit öko-sozialen Innovationen. Das können Berater sein, Freiberufler, Gründer von Unternehmen oder auch Aktivisten. Da sind wir ganz frei. Wichtig ist, dass das Interesse am gesellschaftlichen Wandel vorhanden ist und  in der Arbeit umgesetzt wird.

Droid Boy: Wer ist wir?
Martin: Wir sind drei Gründer, die das zusammen aufbauen, Katharina Schwartz, Kommunikationsdesignerin. Sie hat ein öko-faires Klamottenlabel Üvverall. Miriam Pflüger, macht nachhaltigen Filmvertrieb. Mit „Taste the Waste“ hat sie 120.000 Leute erreicht. Sie möchte den Erfolg mit anderen Filmen, wie zum Beispiel „Economics of Happiness„, weiterführen und nachhaltige Filme in die Kinos bringen. Darüber hinaus soll auch die Community drum herum aktiviert und zum Handeln bewegt werden. Ich bin Martin Herrndorf. Ich mache Beratung im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit: Welche Rolle kann der Privatsektor im Entwicklungsprozess spielen? Außerdem organisiere und moderiere ich Nachhaltigkeit-Events in Köln.

Droid Boy: Was ist eigentlich mit Nachhaltigkeit gemeint?
Martin: Der Begriff ist ja manchmal schwammig und wird auch öfter kritisiert.

Droid Boy: Gemeint ist oft einfach nur etwas, das länger andauert.
Martin: Genau. Wir meinen aber eine andere Definition von Nachhaltigkeit. Es geht um ökosoziale Innovationen. Zum Beispiel Mode aus Biobaumwolle, die fair hergestellt wurde. Oder Mobilität, die nicht von Erdöl abhängt, nicht Auto-basiert ist, zum Beispiel das Fahrrad oder ÖPNV.  Die Frage ist wie das gefördert werden kann, wie kann man das in die breite Masse weitertragen. Und ich glaube da sind wir mitten in einem Trend. In Köln sind die Fahrradfahrten  in den letzten drei Jahren um 30% gestiegen. In Ehrenfeld sind 37% der Fahrten Fahrradfahrten. Es gibt mittlerweile drei Modeläden, die öko-faire Mode vertreiben, die mittlerweile sehr ansehnlich ist. Da hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Und für die Leute, die das vorantreiben wollen, wollen wir eine Anlaufstelle schaffen.

Droid Boy: Wieviel Coworkingspace ist das Colabor?
Martin: Wir sind eher eine Bürogemeinschaft, weil wir einen festen Stamm von Leuten haben wollen, dir dort über die Monate hinweg zusammen arbeiten und das zu ihrem Arbeitsmittelpunkt machen. Wir werden aber auch offen sein für Leute, die nur ein paar Tage die Woche oder nur eine gewisse Zeit lang in Köln sind. Das gehört auch zu unserem Konzept.

Droid Boy: Welche Räumlichkeiten stehen euch zur Verfügung?
Martin: Wir haben einen Mietvertrag jetzt endlich vorliegen,und wir werden ihn unterschreiben. Deswegen werden wir demnächst 140 Quadratmeter  an der Ecke Vogelsanger Straße/ Gürtel haben. Wir sind mitten in Ehrenfeld, in der Nähe zu verschiedenen Nachhaltigkeitsakteuren in Ehrenfeld, das DQE, Ecosign, Jack in the Box. Und ich denke da passen wir uns ganz gut ein.

Droid Boy: Welche Raumaufteilung gibt es?
Martin: Der Bau ist industriell geprägt, 4 1/2 Meter hohe Decken mit einer vorgesetzten Terrasse, alles  ebenerdig. Im Inneren gibt es einen großen Raum, der mit hohen Glaswänden in einen Arbeitsraum und einen Stillarbeitsraum aufgeteilt ist. Links befinden sich Sessel, eine Küche und ein Büro, wo das Zusammentreffen der verschiedenen Akteure dann auch stattfinden soll. Energetisch ist das ganz gut gemacht, es wird eine vernünftige Internetanbindung geben, wir werden zwölf Schreibtische haben, die sich für Veranstaltungen auch flexibel abräumen lassen. Wir werden also auch Workshops und kleine Rahmenveranstaltungen durchführen können.

Martin und sein Fahrrad. Auf sein fehlendes Schutzblech angesprochen, entgegnet er: Es regnet nie so viel in Köln, das es hochspritzen würde. Er muss es wissen.

 

Droid Boy: Inwiefern ist der Colabor eine Konkurrenz zu anderen Coworkingspaces?
Martin: Wir sehen uns nicht als Konkurrenz. Ich glaube es ist heute viel einfacher ein Gemeinschaftsbüro oder auch ein Coworkingspace zu öffnen, weil das Konzept durch betahaus und andere Akteure schon sehr viel bekannter ist als noch vor fünf Jahren. Wir sprechen eine spezifische Zielgruppe an – Menschen, die eine Peergroup suchen, ähnliche Ziele haben, an ähnlichen Konzepten arbeiten, und in ähnlichen Netzwerken unterwegs sind.

Droid Boy: Gibt es in der Nähe einen guten Fahrradabstellplatz?
Martin: Ja! Im Innenhof sind Fahrradständer. Direkt um die Ecke ist die Veloküche, da kann man dann sein Fahrrad reparieren lassen. Und „Die Werkstatt“ ist ganz in der Nähe. Da kann man abends noch ein Bierchen trinken und das Tanzbein schwingen. Von daher fühlen wir uns ganz wohl, wo wir sind.

Droid Boy: Wieviel Personen passen bei optimaler Auslastung in das Colabor?
Martin: Es gibt 12 Schreibtische und wenn die einigermaßen ausgelastet sind, wären wir in der Lage, die Mietkosten zu decken und die Anfangsinvestitionen wieder reinzuholen. Wir machen es nicht um reich zu werden. Primär machen wir das, weil wir einen Ort haben wollen, wo nachhaltige Werte im Vordergrund stehen gemeinsam daran gearbeitet werden kann. Wir hoffen natürlich schon, dass wir keine Verluste damit machen.

Droid Boy: Was wird ein Platz pro Monat kosten?
Martin: Der Preis bewegt sich in etwa auf dem Niveau anderer Coworkingspaces, wobei wir gewisse Extras von vorneherein mit drin haben wollen. Zum Beispiel einen Spind. Die Leute sollen für das was sie bezahlen auch eine gute Arbeitsumgebung haben.

Droid Boy: Wie kann man sich bei euch bewerben?
Martin: Unter www.colabor-koeln.de befindet sich unsere Landing-Page. Da kann man sich für unseren Newsletter eintragen und hat dort auch die Option anzuklicken, dass man einen Schreibtisch haben möchte. Wer dann reinkommt entscheidet sich anhand dreier Kernwerte: Nachhaltigkeit, Professionalität, Offenheit. Denn wir wollen Leute, die nachhaltig ausgerichtet sind, die professionell und zielgerichtet an ihren Konzepten und Unternehmen arbeiten und die aber gleichzeitig neben der professionellen, fokusierten Arbeit offen genug sind, mit anderen zusammen zu arbeiten, sich auszutauschen, zu lernen. Und da schauen wir dann ob’s passt oder nicht.

Droid Boy: Gibt es ein Vorbild für euer Konzept?
Martin: Ja, es gibt ein großes Vorbild: Das Hub-Netzwerk. Das kommt ursprünglich aus London und gibt es mittlerweile in vielen Städten. Ein Hub ist tendenziell größer und etwas formeller als das Colabor. Der Hub ist tatsächlich ein Coworkingspace im engeren Sinne aber auch nachhaltig ausgerichtet. Beim Hub geht es auch darum sozial-ökologische Pioniere zusammen zu bringen in einer ganz ähnlichen Art und Weise. Da Konzept ist durchaus verwandt. Ich kenne die Hub-Gemeinschaft relativ gut.

Droid Boy: Woher?
Martin: Ich habe das Hub Zürich-Team bei ihren ersten Schritten begleitet und gemeinsam eine Crowdfunding-Campagne für den Raum Zürich gemacht. Ich hab in Bogota (Columbien) das Team kennengelernt. In Johannesburg war ich öfter im Space und habe ein wenig mit dem Team gearbeitet. Von daher kenne ich das Hub-Netzwerk relativ gut und schätze es auch. Colabor ist jetzt zunächst kleiner, informeller und wendiger gestartet. Das heißt aber nicht, dass es in Köln vielleicht in einem halben oder in einem Jahr oder zwei Jahren nicht auch Platz für einen vollen Hub gibt.

Droid Boy:  Was bedeutet Colabor?
Martin: Da steckt natürlich so ein bisschen das Labor mit drin, das Experimentelle, Vorläufige, Erforschende. Nachhaltigkeit ist kein fixes fertiges Konzept und wir wissen noch nicht, wie wir da hinkommen. Es muss ausprobiert werden. In Labor steckt auch das Verbinden verschiedener Elemente. Es steckt das Wort colaborate, zusammenarbeiten, drin. Das sind die Komponenten. Unser Untertitel ist Raum für Nachhaltigkeit. Raum finde ich einen ganz schönen Begriff weil der sowohl physisch funktioniert – wir wollen ja tatsächlich einen Raum schaffen – Qaudratmeter und Schreibtische – in dem Menschen sich aufhalten und arbeiten. Aber wir glauben auch, dass Nachhaltigkeit, nachhaltige Lebensmuster, nachhaltige Arbeitsmodelle mehr Raum in unserer Gesellschaft einnehmen sollten. Mehr Aufmerksamkeit für das Nachhaltige, Gute, Schöne. Und da wollen wir einen ersten Raum schaffen, in dem das funktionieren kann.

Droid Boy: Martin, vielen Dank für das Interview und einen guten Start!

Colabor – Raum für Nachhaltigkeit

 

Der Text und das zweite Bild im Artikel stehen unter CC BY  Lizenz.
Weitere Bilder von Martin Herrndorf in dieser Google Plus-Galerie stehen ebenso unter CC BY Lizenz.
Das Artikelbild enthält das Logo von Colabor. Alle Rechte liegen bei den Urhebern des Logos. 

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