Experimente möglich machen

Am 13. Mai lud das Forum Netzpolitik der KölnSPD ein, um unter dem Titel: Bildung 2.0 Bildung in der Internetstadt Köln zu diskutieren und bereits laufende Projekte vorzustellen. Bildung ist zentraler Bestandteil der Idee der Internetstadt Köln und darum  ist das durchaus eine gute Idee. Schon lange war nichts mehr von der Internetstadt Köln zu hören. Zuletzt auf dem Open Data Day im STARTPLATZ. Darum war für mich der Abend ein Pflichttermin.

Von Seiten der an den vorgestellten Projekten Beteiligten können folgende Ergebnisse zusammengefasst werden: Die Politik muss Experimente möglich machen, Barrieren müssten abgeschafft werden, um wieder pädagogische Arbeit in den Vordergrund zu stellen. Innovationen braucht Rückenwind, und es braucht mehr Gelegenheit sich über die Neuerungen auszutauschen.

Am Montag Abend trafen sich Lehrer, Verwaltungsangstellte und Interessierte im Theodor-Heuss-Saal des spanischen Baus des Kölner Rathauses, um zu sehen, was die Zukunft für die Bildung parat hält. Im nicht ganz vollbesetzten Saal befanden sich nach einer kleinen Umfrage von André Spang, Lehrer an der Kaiserin Auguste Schule, 50% Lehrer. Gar nicht so schlecht kommentierte er. Er sollte gleich noch von seiner Arbeit am Schulwiki erzählen.

Das Programm

Wir machen es nicht wie Hamburg
Zunächst begrüßte aber Ulrike Heuer die Anwesenden. Sie ist Sprecherin des Kölner Bildungsforums. Sie ist außerdem Leiterin des Amtes für Schulentwicklung bei der Stadt Köln.
Valentina Kerst begrüßte nun von Seiten des Forum Netzpolitik, deren Leiterin sie ist, die Gäste. In ihrer Einführungsrede ging sie auf das Konzept der Internetstadt Köln ein, und versuchte zu erklären, warum Bildung wichtig ist. Medienkompetenz sei für alle Altersgruppen wichtig und die Digitale Stadt sei ein Querschnittsthema. Dann zählte sie Punkte auf, wie die Politik auf die geänderten Anforderungen eingehen müsse: Schulen müssten fit für das Internet gemacht werden, indem man zum Beispiel etwas am Lehrplan ändere. Auch die Infrastruktur müsse stimmen, die sei aber eigentlich in Ordnung. Game-based Learning könne auch ein Weg sein. Letztlich gab sie aber zu auch nicht der Weisheit letzten Schluss zu kennen. Es sei aber auf keinen Fall sinnvoll es so wie Hamburg zu machen: Die würden nämlich den Schritt zurück machen und die Computer wieder aus dem Unterricht verbannen.

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Die Schule im Wandel: Es hat sich was getan im Klassenzimmer.

Was folgte war die Vorstellung des Schulwikis, einem Projekt, über das ich mit André Spang bereits im Zuge eines Podcasts über Open Education Resources gesprochen habe, und die Vorstellung einer weiteren Instanz des Schulwikis, dem QSWiki, dass das Management der Schulen erleichtern soll.

Für interessierte Lehrer und Schulleiter, die mehr darüber wissen wollen, empfehle ich an dieser Stelle sich an ihren IT-Ansprechpartner zu wenden. Ich werde jetzt einzelne Aspekte herausgreifen, die ich im Bezug auf das Projekt Internetstadt Köln für wichtig halte.

Die IT-Sicht ist nicht zielführend
Dieter Kruse, stellvertretender Amtsleiter des Amtes für Informationsverarbeitung der Stadt Köln erklärte zunächst, wie es dazu kam. Vor etwa drei Jahren wollte man sich neu aufstellen und machte sich grundsätzlich Gedanken darüber, wie man auf die Situation eingehen könnte. Das Schaubild links zeigt sehr gut, wie sich die Schule verändert hat. In den 90er Jahren war es so, wie wir uns die Schule vor dem Computerzeitalter vorstellen. Während der Nuller-Jahre Gab es vereinzelt Computer in den Schulen, oder sogar ganze Computerräume. Das Problem: extrem aufwendig zu administrieren und technisch veraltet bereits bei Anschaffung. Inhaltlich wurde gerne mal die Textverarbeitung oder die Tabellenkalkulation geübt , oder ganz selten mal Programmiert. Das Internet, sofern vorhanden, diente maximal als Infomedium und war ebenso aufwendig zu administrieren. Kruse formuliert dann, wie er sagt, die radikale These, das es heutzutage keinen PC, sondern ein Webterminal brauche, um auf Services in der Cloud zugreifen zu können. 50% der Schulen sei bereits mit „Lichtwellenleitern“ von Netcologne ausgestattet. Mehr WLAN, mehr Mobile und es sei nicht zwingend notwendig, das der Schulträger die Geräte aufbringen müsse.
Eine wichtige Erkenntnis während der Überlegungen war: Die IT-Sicht ist nicht hilfreich, um herauszufinden, was der eigentliche Bedarf ist. Darum wurde schon früh André Spang als Berater hinzugezogen. So entstand dann auch recht bald die Idee eines Schulwikis.

Die Schule in der Zukunft
Dieter Kruse skizziert dann, wie eine Schule der Zukunft aussehen könnte und die gehe eben weit darüber hinaus was die Summe der Teile leisten könne: Multimedial, kooperativ, kollaborativ, vernetzt, interaktiv, Schulen werden zum Campus. Die Herausforderung sei es, dafür eine moderne Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die BYOD ermögliche.  Außerdem sei das Lehrpersonal durch das Usermanagement überfordert, warum man zum Beispiel im QSWiki von cockpit zu Logineo wechsele. Es gebe bei der Schulung aber das Problem, das nicht klar sei, wer denn dann dafür zuständig ist. Doch wer eine Technologie anbiete sei auch dafür verantwortlich eine Einweisung zu geben.

Drei Dimensionen des Lernens.

Drei Dimensionen des Lernens. cc-by @lisarosa

Lernen – Lernen – lernen
Als nächstes trug André Spang (@tastenspieler)ein Modell vor, das er von der re:publica mitgenommen hat. Das Modell beschreibt, wie sich das Lernen verändert hat seit dem 19. jahrhundert. Das ist besonders für Menschen wichtig, die Lehren, aber auch für die, die entscheiden müssen, was das Lern- und Lehrsystem an Infrastruktur und systemische Voraussetzungen benötigt. Lernen im 18. Jahrhundert war zunächst einfach nur Material auswendig lernen. Hinzugekommen sind aber zwei weitere Schichten (siehe Schaubild). Es geht nämlich außerdem darum wie gelernt wird und warum. Wichtig wurden die weiteren beiden Dimensionen durch das Internet, da allein das Wissen nicht mehr zählt, sondern die Kompetenzen. Weitere Aspekte in Spangs Vortrag: Wissen sei kein Produkt sondern ein Prozess. Lehrer bräuchten keine Angst vor dem Expertenwissen der Schüler zu haben, wenn es eigentlich nicht mehr um wissen, sondern um Kompetenzen gehe. Die Konzentration auf die eigentliche Aufgabe wäre dann pägagogisch zu agieren.

Vorstellung der Projektbeteiligten und die Ergebnisse
Jochen Ortling, ebenfalls vom Amt für Informationsverarbeitung, stellte im Anschluss das Schulwiki vor. Kurz zusammengefasst handelt es sich um ein Mediawiki wie es die Wikipedia nutzt, mit vielen Erweiterungen, die das „normale“ Arbeiten fast wie in einem Blog möglich machen. Zudem sind Erweiterungen zur Darstellung von Formeln und für das Erstellen von Multiple Choice-Aufgaben möglich.
Manfred Böll, Leiter des regionalen Bildungsbüro, Jens Brauhardt, Konrektor der KGS Friedlandstraße und Manfred Dahlhoff, unabhängiger Prozess- und Organisationsberater erklärten dann wie sie auf die Idee kamen Dinge wie das Qualitätsmanagement von Schulen, Schülermanagement, Schulkonzepte (bis zu 200 pro Schule die für gewöhnlich in Leizordner abgelegt und nie wieder gelesen werden) basierend auf dem Schulwiki ein Wiki für Schulleiter zu entwickelen, um die Verwaltung deutlich zu erleichtern. Das QSWiki genante System wird nun getestet.

Fragerunde zeigt Vorbehalte
In der anschließenden Fragerunde werden viele offene Fragen formuliert, Vorbehalte und Unsicherheiten von Lehrern zur Sprache gebracht, die die Vortragenden aber gut ausräumen können, oder zumindest erklären können, warum man das aushalten muss. Bei der Frage, warum nicht immer alles offen einsehbar sei beim QSWiki wurde angeführt, das Schulen stets ihr eigenes Profil haben und darum die Konzepte zum Beispiel, die ja jedesmal neu formuliert werden müssten, nicht einfach zum kopieren bereitgestellt werden könnten. Das stieß aber auf Unverständnis, da man sich ja einfach davon inspirieren lassen könnte, oder zumindest sehen könne, wie sich das eigene Konzept im Vergleich schlägt.

Was hat das alles mit der Internetstadt zu tun?
Die Vorträge und Berichte waren informativ und interessant, vielleicht etwas zu lang und zu informativ. Was aber gänzlich unbeantwortet blieb bis zu diesem Zeitpunkt, war die Frage, was das nun mit der Internetstadt Köln zu hat. Soweit ich das sehen kann, steht im Konzept zwar etwas von Bildung. Die vorgestellten Projekte entstanden aber ganz ohne den Hintergedanken jetzt etwas explizit für die Internetstadt zu tun. Bislang ist ja vom Konzept der Internetstadt noch nicht mal begonnen worden anzufangen etwas umzusetzen. Davon ausgehend stellte sich mir die Frage nach dem Sinn der Veranstaltung.

Wichtiger Austausch zwischen Verwaltung und Lehrer
Ich hatte das Gefühl, das die Verwaltungsagestellten und beteiligten Lehrer, die während des gesamten Abends ausführlich über ihre Projekte referierten, endlich einmal erzählen konnten, womit sie sich beschäftigten, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben und wie sie versuchen mit aller Kraft die Probleme des Bildungssystems zumindest in dem kleinen Teilbereich, in dem sie sich auskennen, zu lösen. Später formulieren anwesende Lehrer den Wunsch sich öfter zu treffen und sich darüber auszutauschen. Aus meiner Perspektive besteht ein Bedarf sich untereinander viel mehr auszutauschen, was neben der Vorstellung der Wikis der Hauptzweck der Veranstaltung war. Mein Tipp: Bildungstweetups! Schnell organisiert, flache Struktur und sehr kommunikativ. Und ja, ihr müsst Twitter installieren 🙂

Die Politik lädt ein
Zur Erinnerung: Es hat eingeladen das Forum Netzpolitik der KölnSPD. Und das brachte das Thema Internetstadt Köln ins Gespräch, was so von den Beteiligten während ihres Vortrages eigentlich nie erwähnt wurde. Ich stellte mir also die Frage warum das zusammen in einen Topf geworfen wurde und stellte dann gegen Ende der Fragerunde die Frage: Was können sie, die sie das QSWiki und das Schülerwiki entwickelt und begleitet haben, der Politik als Aufgabe für die Internetstadt Köln mitgeben? Hier sind die Antworten:

  • Politik muss auf die veränderten Herausforderungen reagieren zB. Experiemntierklauseln einrichten, Räume zur Verfügung stellen, um mal etwas ausprobieren zu können.
  • Bestimmte Barrieren müssten abgeschafft werden
  • Lehrerfortbildung ist eine ganz wichtige Voraussetzung und muss fortdauernd geschehen
  • Vorbild Inklusion: Inklusion ist Mentalitätswechsel. Analogie zum Internet: Freiräume schaffen, um sich etwas trauen zu können
  • Zwei Wünsche: Innovation braucht Rückenwind. Innovation braucht Kommunikation: Mehr Treffen, um sich austauschen zu können. Allerdings reicht das Netz nicht, das muss im RL passieren.

Klare Aufgabenstellung für die Politik
Für die Politik ist das eine klare Aufgabenstellung. Und ich frage mich ernsthaft, warum die Zusammenfassung von Valentina Kerst so oberflächlich ausfiel und sie nicht auf die ganz klaren Aufgaben der Beteiligten einging.
Mir ist außerdem schleierhaft, warum ich zufällig an einer Veranstaltung teilnehme, ein Protokoll anfertige und die wichtigste Frage des Abends stellen muss und niemand dafür vorgesehen wurde. Ich fordere, dass das zum Standard für derartige Veranstaltungen zum Thema Internetstadt Köln werden sollte. In diesem Treffen wurden sehr viele wichtige Punkte angesprochen und sogar eine klare Aufgabenstellung formuliert, die unbedingt in das Projekt Internetstadt fließen müssen. Das geht nicht, wenn man nicht protokolliert, zusammenfasst und die Frage stellt: Welche Aufgabe soll die Internetstadt Köln für euch erfüllen?

1 Comment Experimente möglich machen

  1. J.Brauhardt

    Zur Ergänzung:

    Es gibt schulische Prozesse und Teile von Konzepten, die öffentlich gemacht werden sollten. Es gibt jedoch auch Teile, die viele Schulen -ausdrücklich- nicht öffentlich machen möchten. (Beispiel: Finanzierung bei einer Projektwoche u.a.)

    Diesen Forderungen von Schule aus ist Rechnung zu tragen und sollten vielmehr -mit Verständnis- begegnet werden.

    Insofern muss den Schulen die Möglichkeit für eine Veröffentlichung (Schulwiki) gegeben werden, aber auch ein Raum, in dem intern gearbeitet werden kann. (QS Wiki). Beide Seiten ergänzen sich.

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