Der Apfel innoviert neu

Apple Aktien fallen direkt nach der Ankündigung des IPhone 4s um 5%. Die große Euphorie bleibt aus, denn Apple hat seine Jünger nicht, doch den Rest der Welt enttäuscht: Auf der Keynote in Cupertino trat weder ein Steve Jobs auf, noch das IPhone 5.

Wir erinnern uns zurück:
Am 23. Oktober ist es zehn Jahre her, als Steve Jobs eine neue Ära der Musikbranche einläutete. Mit der Vorstellung des ersten IPod begann  die Erfolgsgeschichte besonders kleiner und gut gebauter Unterhaltungselektronik. Es begann auch eine Serie von Präsentationen, den Keynotes, die mit der Person Steve Jobs fester Bestandteil des Apple Marketing waren und wesentlich zu dessen Erfolg beitrugen. Dieses Erfolgsrezept erhielt  einen weiteren Schub durch die Ankündigung des IPhone im Jahre 2008 und zieht sich bis heute durch.

Die Situation hat sich geändert.
Apple ist umzingelt von Wettbewerbern, die mittlerweile ähnlich attracktive Geräte anbieten, wie die Wachstumszahlen von Android-Geräten belegen. Um die Zahlen gut aussehen zu lassen, musste Apple heute zum Beispiel die Zahlen aller IOS Geräte anzeigen lassen. Denn in der Smartphone-Sparte wurden sie bereits überholt. Zudem ist gerade Steve Jobs vom Amt des CEO zurückgetreten. Das verändert die Wirkung von Apple, deren Produkte und Events, wie der heutigen Keynote, beträchtlich. Meine These: Die Erwartungshaltung, die Apple im letzten Jahrzehnt durch seine Innovationskraft, sein exzellentes Design und sein außerordentliches Marketing entwickeln konnte, kann nicht mehr erfüllt werden. Das könnte eine Chance für Mitbewerber sein. Denn wie sich heute zeigt, ist das Tempo und die Innovationskraft nicht auf diesem Niveau  zu halten.

So sah die Welt 2008 aus.
Ein wenig innovativer Handymarkt, der mit immer größer werdenden Farbdisplays und Handykamera-Auflösungen versucht sich gegenseitig auszustechen. Ein bereits recht erfolgreicher Konzern, der gerade von Steve Jobs gerettet wurde, die Mac-Produktpalette erneuerte aber mit der nächsten Revolution auf sich warten ließ. Mit dem IPod wurden Fantasien geweckt. Es gingen Gerüchte um, Apple würde sich der Mobilfunk-Sparte annehmen. Und dann ist es endlich soweit: Auf einer legendären Keynote enthüllt Steve Jobs im Jahr 2008 das IPhone mit einem überzeugenden Ansatz und bis dato unerreichter Perfektion. Dankbar nahm die Tech-Welt diese Innovation auf. Wer bis jetzt noch nicht von Apple und Steve Jobs zumindest ein klein wenig beeindruckt war, der hatte jetzt keine Wahl mehr. Der Apfelsamen fiel auf einen fruchtbaren Boden.

So sieht die Welt heute aus.
Die Innovationen von damals haben viele Firmen animiert, es Apple gleich zu tun. Das es dem Großkonzern nicht unbedingt schmeckt, das seine Innovationen von anderen Konzernen imitiert werden, sieht man an der aktuellen Klagewelle. Immerhin konnte schon ein Verkaufsverbot des Samsung Galaxy Tab 10.1 in Deutschland erwirkt werden. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Der Kampf um die Patente hat begonnen, ganze Firmen werden lediglich aufgrund ihrer Patente gekauft. Die Nutzer freut es, schließlich wirkt sich der Kampf der Konzerne auf die Qualität und den Preis aus. Diesen Druck spürt auch Apple und hat in weiser Vorraussicht bei der Einführung des IPad, dem nächsten Big Thing, einen Kampfpreis angesetzt. Wie sich zeigte zurecht. Denn noch haben es Android-Tablets schwer auf dem Markt.

Chance zu konsolidieren.
Apple hat zudem mit weiteren Problemen zu kämpfen. Die Menschen dieser Welt fangen an sich um Nachhaltigkeit zu bemühen. Eine besonders hohe Selbstmordrate in asiatischen Fabriken und ausbeuterische Zustände kratzen am einstigen Image der Firma. In vergangen Keynotes wurde stets das Bemühen um umweltschonende Displays und reduzierte Verpackung propagiert. In der Tat befindet sich Apple auf der Rangliste der Technologiefirmen weit abgeschlagen am Ende der Tabelle.
Zudem steht der Vorwurf des Walled Garden im Raum. Apple wird vorgeworfen zu restriktiv zu sein mit seinen Vorgaben an Entwickler und Benutzer. Das wirkt bisweilen arrogant.

Mit ITunes Match wird endlich eine Methode eingeführt seine mp3-Sammlung für nur 25 $ zu legalisieren. Auch wenn das bisher nur in den USA zur Verfügung steht und es für Deutschland noch nicht ab zu sehen ist. Siri wird die Sprachsteuerung auf eine  neue Ebene heben. Und die Hardware-Updates sind zurückhaltend formuliert sensationell. Apple innoviert noch immer stark. So stark wie sonst auch. Doch liegt nun kein unbestellter Boden mehr vor, sondern ein beackertes Land. Die Welt und ihre Erwartungen haben sich verändert, nicht zuletzt durch Apple selbst. Wenn es der Konzern im nächsten Jahr nicht schafft seine Produktpalette ähnlich wie beim IPod für das IPhone aufzustellen, wird sich der Markt weg entwickeln. Weg von so starker Geschlossenheit, Produktmonotonie und Marketingfixierung.

So lange zehrt Apple an vorangegangen Innovation, einem Personenkult und einer starken Fangemeinde.